Zürich, Opernhaus: LA FORZA DEL DESTINO; 02.11.2025
Anna Netrebko und Yusif Eyvazov sind in dieser Neuproduktion von Verdis LA FORZA DEL DESTINO unter der Leitung von GMD Gianandrea Noseda und in der Inszenierung von Valentina Carrasco (La Fura dels Baus) zu erleben!
Oper in vier Akten | Musik: Giuseppe Verdi | Libretto: Francesco Maria Piave (Urfassung), Antonio Ghislanzoni (Mailänder Fassung), nach Ángel de Saavedras Drama DON ÁLVARO O LA FUERZA DEL SINO | Uraufführung: 10. November 1862 in St.Petersburg, Neufassung: 27. Februar 1869 in Mailand | Aufführungen in Zürich: 2.11. | 7.11. | 12.11. | 15.11. | 18.11. |
Mit Elena Guseva (Leonora) und Riccardo Massi (Alvaro) am 21.11. | 26.11. | 29.11. | 17.12. und 21.12. 2025
Kritik:
Giuseppe Verdi hat seinen 28 Opern immer Titel verliehen, die entweder ein Ereignis (UN GIORNO DI REGNO, LA BATTAGLIA DI LEGNANO, UN BALLO IN MASCHERA) darstellten, oder aus dem/den Namen von Protagonisten bestanden (NABUCCO, RIGOLETTO, I DUE FOSCARI, I LOMBARDI, FALSTAFF, LA TRAVIATA etc.). Einzig bei LA FORZA DEL DESTINO machte er eine Ausnahme, setzte (wie Ángel de Saavedra in seiner Vorlage, dem Schauerromantikdrama LA FUERZA DEL SINO) dieses Motto als Titel. Das ist bemerkenswert, weil Verdi damit unterstreicht, dass ihm an diesem Stoff – neben der (wie oft in seinen Opern) unglücklichen Liebesgeschichte – eben besonders die Milieuschilderung und die politische Stimmungslage beschäftigten. Dadurch, dass in der Vorlage und in der Oper die drei klassischen aristotelische Einheiten des Dramas (Zeit, Handlung, Ort) geradezu mit Füssen getreten werden, löst sich LA FORZA DEL DESTINO vom individuellen, klar verorteten Schicksal und macht den Weg frei zum Allgemeingültigen, kann und muss von jeder Generation, jeder Inszenierung neu hinterfragt werden. Der Stoff ist durch und durch vom Krieg geprägt. Sowohl Verdi als auch Ángel de Saavedra hatten Erfahrungen mit dem Krieg: Verdis Landgut lag nur rund 70 km entfernt von Solferino, wo 1859, kurz bevor Verdi mit der Komposition begann, eine der blutigsten Schlachten auf italienischem Boden stattgefunden hatte; Saavedra kämpfte im Spanischen Unabhängigkeitskrieg 1807-1814 an der Front gegen die Bonapartes (Napoléon und Joseph) und wurde verwundet. Die Oper ist also auch und vor allem ein vielschichtiges, wie ein Breitbandfresko anmutendes Plädoyer gegen den Krieg, in welchem das Individuum seinem Schicksal überlassen bleibt und meist sinnlos untergeht.
Dies sah auch das Inszenierungsteam der Neuproduktion am Opernhaus Zürich so. Und nach den drei eher zwiespältigen Inszenierungen dieser langen Verdi-Oper in Zürich (1992, 2005, 2018) darf man von einem bemerkenswerten Theaterabend sprechen. Die Regisseurin Valentina Carrasco, der Bühnenbildner Carles Berga, die Kostümgestalterin Silvia Aymonino, die Lichtdesigner Fabrice Kébour, und der für die Videos verantwortliche Massimiliano Volpini verorten die Handlung in einer dystopischen Schweiz. Diesmal wird die Schweiz nicht vom Krieg verschont, kann keine „Ränkli fürs Fränkli“ machen, wie der Historiker Jakob Tanner in seinem lesenswerten Beitrag im Programmheft das Cabaret Cornichon zitiert. Gedankliche Anregung zu dieser Sichtweise war wohl Friedrich Dürrenmatts allegorische Erzählung DER WINTERKRIEG IN TIBET, die in komplexer, krasser Sprache Konflikte und deren Absurditäten untersucht und über den Zustand der Menschheit in einer post - apokalyptischen Zeit sinniert. Bei Valentina Carrasco spielt der erste Akt im zerstörten Hauptsitz der Zürich-Versicherung am Mythenquai, im ersten Bild des zweiten Aktes befinden wir uns in der Flaggen - Allee vor dem Palais des Nations in Genf, wo diverse Fahnen dann nach und nach schlapp machen, vom Imbisswagen (ein Dreirad Piaggio Ape) werden „Hot War Dogs“ verkauft und Preziosilla handelt mit Pistolen und Panzerfäusten, im zweiten Bild sucht Leonora Zuflucht in der zerstörten Fraumünsterkirche in Zürich, die Chagall-Fenster sind aber unversehrt geblieben. Im dritten Akt werden vor dem zerstörten Kongresszentrum Davos mit zerschossener WEF Inschrift wiederum Waffen gehandelt, es wird Russisches Roulette gespielt und Melitone hält seine Kapuzinerpredigt mit Schnapsflasche und roter Warnweste. Die Uniformen, welche auf der Bühne zu sehen sind, entspringen zwar der Fantasie, doch lassen sich leicht Stadtpolizisten oder die überaus hässliche ehemalige Ausgangsuniform der Schweizer Armee identifizieren. Selbst Leonora muss nach ihrer Initiierung als Mitglied der Glaubensgemeinschaft (in Kampfanzügen, Padre Guardiano – der Wächter – sieht aus wie ein Brigadier) eine kugelsichere Kevlar Weste überziehen. In diesem dystopischen Krieg in der Schweiz ist niemand sicher, nicht mal eine Eremitin, die sich im teilweise zerstörten Plenarsaal des Palais des Nations verbirgt, Sie hat zur Verteidigung eine automatische Schnellfeuerwaffe bereit. Das ist natürlich dann schon ein starkes Zeichen, wenn man ausgerechnet der nicht unumstrittenen russisch-österreischischen Starsopranistin Anna Netrebko so eine Waffe in die Hand legt und sie dazu Verdis eindringliches Gebet „Pace, pace mio Dio“ singen lässt! Doch dazu später mehr. Jedenfalls ist es Valentina Carrasco und ihrem begabten Team gelungen, ein eindringliches Kaleidoskop des Krieges auf die Bühne zu bringen, die Szenenwechsel gelingen blitzschnell, die Aktion ist vielschichtig, bewegend und wird dem Stück überaus gerecht. Für mich war es Musiktheater mit Relevanz, und nicht wohliges Verharren in der Komfortzone. Natürlich wirken Kampfszenen auf einer Theaterbühne meist etwas unbeholfen, können leicht auch mal an Kinderspiele erinnern und bilden natürlich niemals die grausame Realität eines Krieges ab. Allerdings ist es auch sehr bedenklich, wenn gewisse Leute im Publikum bei den Einsätzen der Drohnen zu lachen beginnen (zu bequem und zu unbedarft geworden in der Watteverpackung der Neutralität?). Während der vom Orchester der Oper Zürich unter der Leitung von Gianandrea Noseda so packend gespielten Ouvertüre sehen wir in schnell aneinander geschnittenen Videoclips, dass der Feind über St.Margreten schnell mit Panzern nach St.Gallen und Winterthur vorrückt, sich das Mittelland unterwirft und Fernsehstationen besetzt. Wir sehen auch Leichen, an denen ein (echter) verlassener, süsser, kleiner Hund schnuppert. Erst zu Beginn des vierten Aktes erfahren wir, dass es sich um die aus dem Mittelland vertriebenen Flüchtlinge handelt, die hungernd vor den Toren des Plenarsaals des Palais des Nation Fra Melitone um Essen bitten und dem Krieg am Ende anscheinend doch nicht entkommen konnten. Der kleine Hund ist auch dabei, begleitet von seinem da noch lebenden Frauchen. Es sind gerade auch diese kleinen Geschichten, mit welchen die Regisseurin Valentina Carrasco uns berührt und zum Nachdenken bringt. Der Chor der Oper Zürich, die Chorzuzüger*innen, die SoprAlti und der Kinderchor der Oper Zürich, sowie der Statistenverein am Opernhaus Zürich leisten in den vielen Massenszenen Grossartiges. Da ist Kraft, packender Rhythmus (das Rataplan-Finale des dritten Aktes von schlagender Wirkung) und differenzierte Klanggestaltung zu erleben (Einstudierung: Klaas-Jan de Groot). Das Orchester der Oper Zürich unter der souverän schmissigen Leitung von Gianandrea Noseda glänzt im fesselnden, farbenreichen Tutti, in den Blechfanfaren und in den solistischen, fast kammermusikalischen Passagen, die es in dieser Oper eben auch gibt. Die Solovioline von Hanna Weinmeister und die Soloklarinette seien ganz besonders hervorgehoben!
Natürlich war man gespannt auf den Auftritt von Anna Netrebko, die zwar nicht zum ersten Mal auf der Bühne des Opernhauses Zürich singt, doch mit der Leonora zum ersten Mal in einer Premiere mitwirkte. Im Vorfeld hatten sich ja verschiedene Kreise gegen den Auftritt der Starsopranistin gestellt, sogar die ukrainische Botschafterin in der Schweiz hatte sich eingemischt. Das nachvollziehbare Statement des Intendanten Matthias Schulz kann man auf der Webseite des Opernhauses nachlesen, dem Programmheft war auch ein Flyer mit einem QR Code beigelegt, der zu einem Link mit dieser Stellungnahme führt. Vor dem Opernhaus hielten eine Handvoll Menschen mit ukrainischen Flaggen eine Mahnwache ab, drinnen waren der Applaus und die Bravi-Rufe riesig. Verdientermassen, denn Frau Netrebko flutete mit ihrer dunkel funkelnden Stimme, langen Phrasen, fulminanten Tönen und effektsicherer dynamischer Gestaltungskraft den Raum. Dazu kam ihr differenziertes darstellerisches Spiel. Ihr, der mittlerweile 54jährigen Diva, nahm man die junge Leonora in den Akten I und II ab, da war ein passendes Ungestüm der Jugend zu erleben und im Akt zwei das Burschikose der Frau in der Verkleidung als Mann. In stimmlich ganz grosse Fahrt kam sie natürlich in der Szene im Fraumünster, erst mit Rezitativ und Arie Son giunta – Madre, pietosa Vergine, dann im mit grandioser Einfühlungskraft und sauber und lange gehaltenen Tönen, fast wellenartig auf- und abschwellend interpretierten Duett mit dem Brigadier Guardiano, dem Michele Pertusi seine fantastische Bassstimme lieh. Erst im vierten Akt begegneten wir Anna Netrebko und Michele Pertusi wieder. Sie interpretierte das bereits erwähnte Pace, pace eher vehement fordernd als demütig bittend, ihm blieben die von celestialer Trauermusik umflorten Schlussworte Salita a Dio vorbehalten. In diesem Schluss fand auch die Liebesgeschichte mit Álvaro ihr fatales Ende: Im ersten Akt gab's aufgrund der familiär angespannten Situation Leonoras nur ein eher flüchtiges Duett, in dem sie sich ihre Liebe mal kurz gestanden, dann fiel der folgenreiche Schuss, der Leonoras Vater traf. Die Liebenden sehen sich erst Jahre später wieder und müssen sogleich Abschied voneinander nehmen, da Carlo, Leonoras Bruder, meinte, die Familienehre durch Schwestermord retten zu müssen. Die Rolle des Álvaro war Yusif Eyvazov anvertraut worden, der darstellerisch etwas steif wirkte und mit teils überlaut gesungenen Passagen zwar zu imponieren, aber nicht zu überzeugen wusste, da von ihm vieles an differenzierter Charakterisierungskunst dem effekthascherischen Moment geopfert wurde. Sein Timbre ist Geschmackssache, für mich klingt seine Mitellage breiig und leicht belegt, da der Sitz der Stimme für meinen Geschmack zu weit hinten liegt. Aber dank seiner enormen Reserven an Dynamik erhielt Yusif Eyvazov von vielen Zuhörer*innen stürmischen Applaus und „Sei grande“ - Rufe. Uneingeschränkt loben darf ich George Petean als Don Carlo di Vargas: Diese Baritonstimme gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten, die im Verdi-Fach zur Zeit zu erleben sind. Weich im Ansatz, aber kraftvoll im Ausdruck, frei strömend, kein Drücken, kein Forcieren, mit viel Wärme und eleganter Phrasierung. Fantastisch! Annalisa Stroppa gab eine souveräne Waffenschieberin mit Fertigkeiten im Handlesen. Ihre Preziosilla war durchtrieben, mitreissend im Anführen des Rataplan im dritten und im Lob auf den pekuniären Nutzen des Krieges im ersten Akt. Als Melitone begeisterte Roberto Frontali mit einer exzellenten Leistung. Seit beinahe vierzig Jahren stellt er einen der Pfeiler vor allem im Bereich der italienischen Opern auf allen grossen Bühnen der Welt dar. Nun zeigte er auch in Zürich ein herrliches Kabinettsstück seiner Kunst! Im ersten Akt bereicherten Stanislav Vorobyov mit profundem Bass als Leonoras Vater, il Marchese di Calatrava, und Natália Tuznik als Curra die Szene. Ich denke mal, dass man Frau Tuznik im Auge (und vor allem im Ohr) behalten sollte, denn die wenigen Phrasen, die von ihr da als Sister in Crime Leonoras zu hören waren, klangen überaus vielversprechend!!! In den kleinen Rollen ergänzten Tomislav Jukić als Trabuco, Lobel Barun als Alcalde und Max Bell als Chirurgo das hochkarätige Ensemble.
LA FORZA DEL DESTINO gehört trotz ihrer wunderbaren Fülle an melodischen Einfällen (leider) nicht zu den beliebtesten Verdi-Opern (vielleicht wegen ihrer Länge?), doch in dieser interessanten Lesart und natürlich mit dieser Besetzung ist der Besuch einer der – wenigen - Vorstellungen wärmstens zu empfehlen, vor allem wenn man sich auf eine dystopische, aufrüttelnde Reise durch eine Schweiz in einem (leider, muss man sagen) nicht mal so unwahrscheinlichen Krieg einzulassen bereit ist.
P.S.: Ich habe in den 1970er Jahren meine ersten beiden Vorstellungen von LA FORZA DEL DESTINO in London und in Paris erleben dürfen. Schon damals rückten beide Regisseure (Sam Wanamaker in Covent Garden und John Dexter im Palais Garnier) den Krieg ins Zentrum ihrer Arbeit. Dreh- und Angelpunkt waren in Paris und in London Francisco de Goyas Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagende, brutal-realistische Grafiken LOS DESASTRES DE LA GUERRA.
Inhalt:
Der Marchese di Calatrava widersetzt sich einer Verbindung seiner Tochter mit dem Inkaspross Don Alvaro. Er überrascht die Liebenden bei ihrer geplanten Flucht. Alvaro will nicht kämpfen und wirft seine Pistole weg. Dabei löst sich ein tödlicher Schuss aus der Waffe, dem Leonoras Vater erliegt. Sterbend verflucht er Leonora. Der Bruder Leonoras, Don Carlo, schwört Rache an seiner Schwester und ihrem Mestizen-Liebhaber. Leonora und Alvaro fliehen und verlieren sich dabei aus den Augen.
In einem Gasthaus treffen wir auf den als Studenten verkleideten Don Carlo. Auch seine Schwester Leonora ist hier, als Mann verkleidet. Sie belauscht eine Unterhaltung Don Carlos und erfährt, dass ihr Geliebter Don Alvaro nicht - wie sie vermutet hatte - tot ist. Leonora macht sich davon, bevor sie entdeckt wird. Preziosilla, eine junge Zigeunerin, tritt auf und wirbt freiwillige für den Krieg in Norditalien an. Auch Don Carlo tritt dieser Freiwilligen Armee bei, da er jegliche Hoffnung aufgegeben hat, seine Schwester jemals wieder zu finden.
Unterdessen hat Leonora Zuflucht in einem Kloster gefunden. Sie will da als Einsiedlerin ihre Schuld büssen. Fra Melitone, der Pförtner, will sie zuerst nicht einlassen. Doch sie klärt den Prior Pater Guardiano über ihre wahre Identität auf. Sie verspricht, diese Einsiedelei nie mehr zu verlassen. Die Mönche schwören, dieses Geheimnis zu bewahren und jeden, der es breche, soll der Fluch des Himmels treffen.
Auch Don Alvaro hat sich aus Verzweiflung über die Trennung von Leonora als Soldat verdingt. Bei einem Angriff rettet er ausgerechnet Don Carlo das Leben – er ist sich nicht bewusst, dass es sich dabei um Leonoras Bruder handelt. Beide schwören sich ewige Freundschaft. In der Schlacht wird Alvaro verwundet. Er übergibt Don Carlo ein Päckchen mit Briefen, das dieser verbrennen solle. Dabei fällt ein Bild Leonoras aus dem Päckchen. Nun erkennt Don Carlo die Identität seines Freundes – er fordert ihn nach dessen Genesung zum Duell. Sie werden von den Wachen jedoch getrennt und Alvaro, der immer friedliebend war, beschliesst ins Kloster zu gehen. Fra Melitone predigt auf dem Schlachtfeld über die Sünden der Menschen. Preziosilla stimmt den kriegerischen Rataplan-Chor an.
Vor dem Kloster streitet sich Fra Melitone mit den hungrigen Bettlern. Alvaro lebt unterdessen in diesem Kloster als Bruder Raffaele. Carlo stürmt bewaffnet ins Kloster und will Alvaro (Raffaele) zum Kampf herausfordern. Doch dieser weigert sich. Daraufhin haut ihm Carlo eine runter. Nun kann sich auch Alvaro nicht mehr zurückhalten. Kämpfend nähern sich die beiden Leonoras Einsiedelei. Alvaro verwundet Carlo tödlich. Er klopft an die Tür von Leonoras Klause, um einen priesterlichen Beistand für den sterbenden Carlo zu finden. Er kann seinen Augen nicht glauben, als er im Einsiedler Leonora erkennt. Sie beugt sich über den verletzten Bruder. Der nimmt seine letzte Kraft zusammen und ersticht seine Schwester. Schwer verletzt liegt sie in den Armen ihres Geliebten Alvaro. Pater Guardiano ist unterdessen auch herbeigeeilt. Alvaro verflucht die Macht des Schicksals, doch Guardiano und die sterbende Leonora versprechen ihm Gottes Vergebung. (In der Urfassung stürzt sich Alvaro von einem Felsen in den Tod.)
Werk:
LA FORZA DEL DESTINO steht am Übergang von Verdis erfolgreichen Opern aus der mittleren Schaffensperiode (RIGOLETTO, LA TRAVIATA, IL TROVATORE, UN BALLO IN MASCHERA) zu den reifen Spätwerken AIDA, OTELLO und FALSTAFF. Oft hat man sich über die „Zufälle“ und Ungereimtheiten des Librettos lustig gemacht, dabei beinhaltet es eine geradezu shakespearsch anmutende Konfrontation von tragischen, grotesken und komischen Elementen. Zudem beinhalten die Vorlage des spanischen Dichters und ihre Umsetzung durch Verdi nicht nur Anklänge an die Schauerromantik, sondern auch Strömungen anti-klerikaler und anti-legalistischer Art und unverhohlener Kritik an kriegerischer Art der Problemlösung. Die wechselnden Schauplätze (Schlafzimmer Leonoras, Wirtshaus, Schlachtfeld, Kloster) boten Verdi vielfältige Möglichkeiten zur kontrastreichen Zeichnung von individuellem Schicksal und grossflächigen Chor- und Volksszenen. Wichtige Themen wie Rassendiskriminierung, Standesdünkel, Blutfehde, Familienehre, Kriegslust und – elend stellen die Pfeiler dieser nur auf den ersten Blick abstrusen Oper dar. Zudem hat Verdi mit der Überarbeitung für die Aufführung in Mailand eine etwas abgemildetere Fassung erstellt, die sich schliesslich erfolgreich durchsetzte. Mit seinem berühmten trocken-schwarzen Humor sagte der Komponist nach einer Aufführung in Rom: „ Bei so vielen Mängeln und so vielen Absurditäten des Librettos ist es ein Wunder, dass nicht wenigstens der Impresario (der Römer Oper) davon getötet worden ist.“
Die Musik zu LA FORZA DEL DESTINO gehört zu Verdis effektvollsten Partituren und bietet den Solisten und dem Chor überaus dankbare Aufgaben.
Von mir besuchte Vorstellungen von LA FORZA DEL DESTINO im Opernhaus Zürich:
03.01.1992: ML: Eliahu Inbal, Inszenierung: Tony Palmer; Leonora: Mara Zampieri, Alvaro: Boiko Zvetanov, Don Carlo: Giorgio Zancanaro, Guardiano: Simon Estes, Preziosilla: Stefania Kaluza, Melitone: Jozsef Dene
16.10.2005: ML: Nello Santi, Inszenierung: Nicolas Joel; Leonora: Joanna Kozlowska, Alvaro: Vincenzo La Scola, Don Carlo: Leo Nucci, Guardiano: Matti Salminen, Preziosilla: Stefanie Kaluza, Melitone: Paolo Rumetz
25.05.2018: ML: Fabio Luisi, Inszenierung: Andreas Homoki; Leonora: Gerzmava Hibla, Alvaro: Marcelo Puente, Carlo: George Petean, Preziosilla: J'Nai Bridges, Guardiano: Christof Fischesser, Melitone: Myshketa Gezim
10.07.2019: ML: Fabio Luisi, Inszenierung: Andreas Homoki; Leonora: Maria Pia Piscitelli, Alvaro: Yonghoon Lee, Carlo: George Petean, Preziosilla: Elena Maximova, Guardiano: Wenwei Zhang, Melitone: Renato Girolami