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Berlin, DOB: ROMEO UND JULIA, 09.02.2012

Erstellt von Kaspar Sannemann | | Romeo und Julia

copyright: Bettina Stoeß, mit freundlicher Genehmigung

Ballett in drei Akten | Musik: Sergej Prokofjew | Handlung: Adrian Potrowski, Sergei Radlow, Boris Assafjew, nach Shakespeares Drama | Uraufführung: 30. Dezember 1938 in Brünn | Erstaufführung der Choreographie von John Cranko: 1962 in Stuttgart | Aufführungen in Berlin: 9.2. | 12.2. | 17.2. | 2.3. | 6.4. | 9.4. | 8.5. | 18.5. | 15.6. | 17.6.2012

Kritik:

Wollte man etwas despektierlich sein, müsste man von einem Kostümschinken sprechen – um jedoch anschliessend gleich beglückt auszurufen „Aber was für einer!!!“ Die ein halbes Jahrhundert alte Choreographie von John Cranko entfaltet immer noch ihre magische Wirkung. Die verdankt sie natürlich der ungemein plastischen Erzählweise der tragischen Geschichte durch den leider viel zu früh verstorbenen Choreographen. Doch auch die neu gestaltete Bühne und vor allem die luxuriösen, eine kluge Farbdramaturgie (z.B. beim Ball im Hause Capulet) entfaltenden Kostüme von Thomas Mika und die stimmungsvolle Lichtgestaltung von Steen Bjarke tragen entscheidend zum kulinarischen Genuss des Abends bei. Gerogette Tsingurides, Reid Anderson und Birgit Deharde haben Crankos Werk für das Staatsballett Berlin mit stellenweise atemberaubender Schönheit und Klarheit neu einstudiert. Sie konnten dabei auf ein herausragendes Ensemble von Tänzerinnen und Tänzern zählen, welche der tragischen Liebesgeschichte bis in die kleinste Rolle hinein Plausibilität und genaueste Charakterisierung verliehen. Hier wurde wirklich eine spannende, detailreiche Geschichte erzählt, welche das Publikum in ihren Bann zog. Selbst die pantomimischen Stellen wurden nie zu betulicher Peinlichkeit, jede Bewegung, jede Geste und die Mimik stand stets im Dienste des Ausdrucks, der Empfindung.

Allen voran ist die Julia von Iana Salenko zu nennen. Wie ein verletzliches Vögelchen, zierlich und flatterhaft zugleich, schwebt sie als glaubwürdiges junges Mädchen über die Bühne. Marian Walter ist ihr ein ebenbürtiger Partner, er zeichnet den Romeo mit viel Charme, Eleganz und Verträumtheit. Dinu Tamazlacaru bringt für den Mercutio die Pfiffigkeit, Forschheit, den Humor und die tief empfundene Männerfreundschaft zu Romeo mit. In seinen Tänzen brilliert er mit herausragender Beinarbeit. Grandios auch die Amme von Charlotte Butler. Ihre Briefszene ist umwerfend gestaltet. Wieslaw Dudek ist ein gestrenger und (wie alle Jünglinge dieses Abends) hervorragend mit dem Säbel kämpfender Tybalt, Alexander Shpak verleiht dem Benvolio sympathische Züge. Michael Banzhaf zeigt einfühlsam die Tragik des Grafen Paris und Beatrice Knop als Gräfin Capulet ist erschütternd in ihrem Stolz und ihrer Trauer über Tybalts Tod. Durch das stringente, vorwärtsdrängende Erzählen der Story kommt vielleicht der effektvolle Tanz etwas zu kurz, es gibt kaum ein Innehalten, Verweilen in langen Pas de deux oder Variationen. Doch in der mit brillanter Rasanz vorgeführten Karnevalsszene kommt man dann auch in dieser Beziehung voll auf seine Kosten. Atemberaubend!

Das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der musikalischen Leitung von Guillermo García Calvo bringt Prokofjews eingängige, farbenreiche Partitur wunderbar zum Erblühen, setzt subtil die durch Mark und Bein gehenden, aufschreienden Akzente und lässt bewegende, unendlich traurig klingende Melodien direkt zum Herzen strömen.

Inhalt:

Die Tragödie spielt in der italienischen Stadt Verona und handelt von der Liebe Romeos und Julias, die zwei verfeindeten Familien angehören, den Montagues (Romeo) bzw. den Capulets (Julia). Die Fehde geht so weit, dass sich die Beteiligten regelmäßig zu Beleidigungen und blutigen Degenkämpfen hinreißen lassen, sobald sie in der Stadt aufeinander treffen. Deshalb halten Romeo und Julia ihre Liebesbeziehung vor ihren Eltern verborgen. Ohne deren Wissen lassen sie sich vom Pater Lorenzo trauen, der insgeheim hofft, auf diese Weise einen ersten Schritt zur Lösung des Konflikts beitragen zu können.

Trotzdem kommt es zwischen Romeo und Tybalt, einem Capulet und Cousin Julias, zum Kampf, in dessen Verlauf dieser von Romeo getötet wird. Romeo wird aus Verona verbannt und muss nach Mantua fliehen. Julia, die nach dem Willen ihrer Eltern in aller Eile mit einem gewissen Paris verheiratet werden soll, bittet erneut Pater Lorenzo um Hilfe. Dieser überredet sie, einen Schlaftrunk zu sich zu nehmen, der sie für 40 Stunden in einen todesähnlichen Zustand versetzen werde, um so der Hochzeit zu entrinnen. Romeo soll durch einen Brief, der ihn allerdings wegen eines Missgeschicks nie erreicht, von diesem Plan in Kenntnis gesetzt werden. In der Zwischenzeit sieht ein Freund Romeos die mittlerweile beigesetzte Julia in ihrer Familiengruft liegen, eilt zu Romeo und berichtet ihm vom angeblichen Tod seiner Liebsten. Romeo eilt nach Verona zum Grab seiner Frau, um sie noch ein letztes Mal zu sehen. In der Familiengruft der Capulets trifft er auf den Grafen Paris. Romeo ersticht ihn. Dann stösst er sich selbst den Dolch ins Herz. Julia erwacht, sieht den toten Romeo und sieht als Ausweg nur noch den Suizid, da sie ohne Romeo nicht mehr leben aknn und will. (Quelle: Wikipedia und Programmheft Staatsballett Berlin)

Werk:

Der Stoff inspirierte eine ganze Reihe von Komponisten zu Opern, Balletten oder Schauspielmusiken, so Gounod, Zandonai, Bellini, Sutermeister, Berlioz, Tschaikovsky oder Bernstein.

ROMEO UND JULIA stellt Prokofjews wohl bekannteste und farbenreichste Komposition dar. Obwohl nach der Rückkehr des Komponisten in die Sowjetunion vom Kirov Ballett in Auftrag gegeben, fand die Uraufführung im tschechischen Brünn statt. Nach den Vorwürfen gegen Schostakowitsch in der Prawda waren die Komponisten vorsichtig geworden. Zudem bekam Prokofjew auch vom Bolschoi Ballett den Bescheid, das Stück sei untanzbar (zu komplexe Rhythmen). Dabei machen gerade die rythmische Vielfältigkeit und die eingängige, doch stets äusserst geschmackvolle und variantenreiche melodische Verarbeitung der Themen den Reiz dieser kostbaren Partitur aus.

Erst im Januar 1940 präsentierte das Kirov Ballett eine revidierte Version (diesmal mit dem shakespearschen tragischen Schluss) und das Ballett trat seinen bis heute ungebrochenen Siegeszug durch die bedeutendsten Tanzstätten der Welt an. Berühmt wurden die Choreographien von John Cranko für das Stuttgarter Ballett (mit Marcia Haydée und Richard Cragun) und von Kenneth MacMillan für das Royal Ballet (mit Margot Fonteyn und Rudolf Nureyev).

Premierenapplaus (Video)

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