Zürich: GÖTTERDÄMMERUNG, 15.03.2009
Der mit Spannung erwartete, monumentale Abschluss des Weltendramas um Liebe, Betrug und Macht, ein Werk von ungeheuren Ausmassen - in Zürich ist dieser RING musikalisch mit Juwelen besetzt!
Premiere: 15. März 2009 (Wiederaufnahme)
Dritter und letzter Tag des Bühnenfestspiels DER RING DES NIBELUNGEN
Musik: Richard Wagner
Textdichtung vom Komponisten
Uraufführung: 17. August 1876, Festspielhaus Bayreuth
Aufführungen in Zürich: So, 15.3.09 | Sa, 28.3.09 | Mi, 8.4. 09 | So, 5.7.09
Kritik:
Während man sich in anderen Aufführungen von Wagners GÖTTERDÄMMERUNG manchmal fragt, wann endlich die Nornen Hinab zur Mutter singen und damit diesen Teil des Prologs zu Ende bringen werden, überrascht die Zürcher Aufführung mit einer spannungsgeladenen, intensiven Nornenszene. Das ist zum einen das Verdienst der drei hervorragend aufeinander abgestimmten Stimmen von Wiebke Lehmkuhl, Liliana Nikiteanu und Christiane Kohl, zum andern zeigen Dirigent Philippe Jordan und das Orchester der Oper Zürich bereits in dieser oft als langfädig (im wahrsten Sinn des Wortes, da die Nornen sich in den Schicksalsfäden verheddern) empfundenen Szene ihre exzellente Klasse. Vom ersten, schmerzerfüllten Akkord bis zum brillanten Streicherklang des Tagesanbruchs verharrt man in gebannter Spannung, die dann durch Eva Johanssons ersten Auftritt (Zu neuen Taten) leider etwas getrübt wird. Ihre Stimme flackert zu Beginn gewaltig, die Vokalverfärbungen und das Anschleifen der Töne sind noch ausgeprägter als im SIEGFRIED eine Woche zuvor. Doch wie sie sich im Laufe des Abends immer mehr fängt, im Verschwörungsterzett mit Salminen und Davidson zu einer rundum gelungenen Tongebung findet und nach beinahe sechs Stunden zu einem triumphalen Schlussgesang ansetzt, mit gewaltigen Crescendi ihre Stimme zum Blühen bringt – das ist Wagner Gesang, der unter die Haut geht. Zum Niederknien!!!
Als Siegfried hat man ihr einen neuen Partner zur Seite gestellt, Rudolf Schasching. Mit männlich kernigem, manchmal leicht belegtem, aber stets sauber und bruchlos geführtem Heldentenor meistert er die riesige Partie makellos. Man hat ihn in den letzten Jahren in Zürich oft gesehen und gehört – zu Recht bekommt er nun einmal eine Rolle, in der er sein ganzes Können zeigen kann. Er vermag seiner Stimme in der Entführungsszene den baritonalen Klang derjenigen von Gunther zu verleihen und gestaltet im dritten Akt die lange Erzählung äusserst differenziert, zwischen strahlendem Helden und kindlicher Naivität. Grösste Bewunderung!!!
Von den grossen Partien des Werks bleibt noch der Bösewicht Hagen. Matti Salminen singt und gestaltet ihn einmal mehr unübertrefflich, die Schwärze und Kraft seines Basses verleihen dieser Figur ein herausragendes Profil. Grossartig!!!
Das Gibichungenpaar Gutrune und Gunther ist mit Sandra Trattnigg (überzeugendes Rollendebüt) und Cheyne Davidson vortrefflich besetzt, der besorgt beschwörende Alberich von Rolf Haunstein verhilft der Szene mit seinem Sohn Hagen zu einer bewegenden Eindringlichkeit.
Cornelia Kallisch gestaltet die misslungene Mission der Waltraute mit eindringlicher Gestaltungskraft und profunder Tiefe. Die Rheintöchter sind mit den Stimmen von Sen Guo, Anja Schlosser und Irene Friedli bestens besetzt.
Die Inszenierung findet nicht mehr ganz zu den atmosphärisch dichten Bildern der ersten drei Abende. Viele Beleuchtungseffekte wirken beliebig, für das Schlussbild ist Regisseur Wilson etwas gar wenig eingefallen: Trockeneis und ein schnell erlöschender Designkamin, der zum Bühnenhimmel hochfährt. Zum Glück ist alles Tiefgründige in der Musik enthalten – und die wird von Philippe Jordan und dem wiederum grandios spielenden Orchester bezwingend wiedergegeben. Die gross angelegten sinfonischen Zwischenspiele geraten zu absoluten Höhepunkten der Aufführung.
Anmerkung:
Was ist bloss mit dem Zürcher Opernpublikum los? Während in anderen Metropolen RING Aufführungen jeweils innert weniger Tage restlos ausverkauft sind, bleiben in Zürich erstaunlich viele Plätze frei. Dieser RING unter dieser Leitung hätte ein regeres Publikumsinteresse wahrlich verdient!
Fazit:
Ein musikalisch bezwingender Abschluss der Tetralogie. Dieser RING ist faszinierend, ein hochkarätiges Schmuckstück im Spielplan des Opernhauses Zürich.
Inhalt des dritten Tages:
Der letzte Teil von in Richard Wagners RING-Tetralogie schildert den Tod Siegfrieds, den Untergang der Götter und die Erlösung vom Ring und seinem Fluch: Siegfried lebt nun mit Brünnhilde zusammen, doch es drängt ihn zu neuen Taten. Als Pfand seiner Liebe überlässt er seiner Braut den Ring. Von dessen Macht weiss er allerdings nichts. Unterdessen hat Alberich mit Grimhild einen Sohn gezeugt: Hagen. Er will ihn benutzen, um wieder in den Besitz des Rings zu gelangen. Hagen weiss um den Ring und seine Macht und gibt Siegfried einen Vergessenstrank. Nun kann sich Siegfried an nichts mehr erinnern. Er erklärt sich einverstanden, Brünnhilde für Gunther freien und kriegt dafür Gunthers Schwester Gutrune zur Frau. Brünnhilde fühlt sich von Siegfried betrogen. Sie verrät Hagen, dass Siegfried am Rücken verletzlich ist. Hagen ermordet Siegfried. Erst nach dem Tod Siegfrieds begreift Brünnhilde, dass sie von Hagen benutzt wurde, weil dieser den Ring erlangen wollte. Brünnhilde nimmt den Ring an sich und reitet in den Scheiterhaufen, auf welchem der tote Held verbrannt werden soll. Der Rhein tritt über die Ufer, die Rheintöchter ziehen Hagen in die Fluten. Das Feuer greift auf Walhall über, das Ende der Götter ist da.
Das Werk:
Die GÖTTERDÄMMERUNG bildet den monumentalen Schlussteil von Wagners Tetralogie, ein Werk von ungeheurem Ausmass und ebensolchen Anforderungen an die Ausführenden. Nach aussen stellt diese Werk – mit einer Aufführungsdauer von sechs Stunden – den opernhaftesten Teil der vier Abende dar, mit grossen arienhaften Szenen und dem Chor, der hier zum einzigen Mal im gesamten RING auftaucht. Daneben kommt das sinfonische Element, als orchestrales Intermezzo, ausgiebig zum Tragen (Siegfrieds Rheinfahrt, Trauermusik, Weltenbrand). Trotz des gewaltigen Umfangs der Partitur herrscht nach dem ruhigen Beginn (Szene der Nornen) eine nie nachlassende Spannung und eine geballte, hochdramatische Erregung. Wagner hat die Charakterzeichnungen der Personen noch weiter verfeinert, die Motive werden kunstvoll verwoben und zu einem eruptiven Schluss gebracht.
Das aussergewöhnliche Drama um Liebe, Macht und gebrochene Verträge findet mit der Rückgabe des fluchbeladenen Rings an die Rheintöchter sein Ende.
Siehe auch:
Musikalische Höhepunkte:
Tagesanbruch, Prolog
Zu neuen Taten, Brünnhilde-Siegfried, Prolog
Siegfrieds Rheinfahrt, Prolog
Hier sitz ich zur Wacht, Hagen, Akt I
Altgewohntes Geräusch, Brünnhilde-Waltraute, Akt I
Schläfst du Hagen, mein Sohn, Alberich-Hagen, Akt II
Welches Unholds List, Verschwörungsszene Brünnhilde, Hagen, Gunther, Akt II
Mime hiess ein mürrischer Zwerg – Brünnhilde, heilige Braut, Siegfrieds Erzählung, Akt III
Siegfrieds Tod, Trauermusik, Akt III
Starke Scheite schichtet mir dort, Schlussgesang der Brünnhilde, Akt III