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Berlin: LE NOZZE DI FIGARO, 30.12.2010

Erstellt von Kaspar Sannemann | | Le Nozze di Figaro

copyright:Bettina Stöß / stage picture 2008, mit freundlicher Genehmigung

Opera buffa in vier Akten | Musik: Wolfgang Amadeus Mozart | Libretto : Lorenzo da Ponte | Uraufführung: 1. Mai 1786, Burgtheater Wien | Aufführungen in Berlin: 25.12. |30.12.2010 | 2.1. |14.1. |17.2.2011

Kritik:

Das war ein in vielerlei Hinsicht von wohltuender Zurückhaltung und stimmiger Unaufdringlichkeit geprägter Mozart-Abend. Zuerst einmal kann man der Deutschen Oper nicht dankbar genug sein, dass sie das Erbe ihres ehemaligen Hausherrn Götz Friedrich hegt und liebevoll pflegt (Spielleitung Gerlinde Pelkowski). Herbert Wernicke schuf für die Inszenierung aus dem Jahr 1978 ein geschmackvolles Bühnenbild: In ein-  die Handlung so treffend charakterisierendes - prall-bunt blumig umrandetes Bühnenportal setzte er ein etwas heruntergekommenes, renovierungsbedürftiges Gemach für Figaro und Susanna im ersten Akt, mit einem Berg von Tapisserien, über welchen die Personen immer wieder stolpern, ein überdimensionales Bett für die Gräfin im zweiten Akt, in dem sie alleine, über die verlorene Liebe ihres Gemahls trauernd, liegt, eine imposante Ahnengalerie für das Arbeitszimmer des Grafen, welche dann hochfährt und einen überwältigenden Blick in den Festsaal freigibt. Einzig der Garten des vierten Aktes ist ein wenig beliebig und geschmacklos geraten. Den scheint der stets betrunkene Gärtner Antonio (Seth Carico) schon lange nicht mehr gepflegt zu haben … Friedrich legte die Charaktere liebevoll an, das sind allesamt sympathische Figuren des Spätrokoko, manche vielleicht zu sympathisch. Nie muss man sich die Frage stellen, ob denn die Story auch ins Irrenhaus oder ins Hollywood der 50er Jahre wirklich hinpasst, wie das oftmals im zeitgenössischen Regietheater vorkommen mag. Ort und Zeit stimmen hier genau mit den Angaben der Schöpfer überein. Das hat etwas Museales, im besten Sinn des Wortes, denn es handelt sich um ein geschmackvolles, sehr gepflegtes und intelligent geführtes Museum, die Staubschichten sind nicht zu dick geworden.

Tonangebend auf der Bühne waren eindeutig die Damen: Jana Kurucová sang einen bezaubernden Cherubino und setzte mit ihren beiden Arien vokale Glanzlichter. Wie in Basel sang Jacquelyn Wagner die Contessa: Von berührenden, wunderschön intonierten Piani geprägt das Porgi, amor, berückend sauber, mit bewegender Traurigkeit und voll bekennender Liebe das Dove sono und wunderbar leicht die anschliessende Canzonetta sull´aria zusammen mit Martina Welschenbachs Susanna. Diese stattete die Susanna mit genau der richtigen Prise Keckheit in der Stimme aus, spielte die Rolle mit augenzwinkernder Selbstsicherheit und schenkte dem Publikum (und ihrem Figaro) zum Schluss eine liebevoll und leuchtend gestaltete Rosenarie. Liane Keegan war umwerfend komisch als (meist beschwipste) Marcellina; einmal mehr bedauerte man, dass die Fassung mit den üblichen Strichen gespielt wurde. Bei einer Spieldauer von dreieinhalb Stunden hätte man die vier Minuten für die Marcellinen-Arie im vierten Akt auch noch ertragen, vor allem hätte man Frau Keegan mit ihrer interessanten Stimme gerne mehr singen hören! Mit herrlichem Timbre liess Hila Fahima als Barbarina aufhorchen.

Neben diesen starken Sängerinnen hatten die Männer einen schweren Stand: Simon Pauly verfügt einen schönen, warmen Bariton und eine vornehme Statur, ihm mangelt es aber in diesem grossen Haus etwas an Durchschlagskraft für den Grafen Almaviva. Das gleiche gilt für Krzystof Szumanskis Figaro: Wunderschön gesungen, herrlich differenziert im dynamischen Ausdrucksspektrum – und doch eine Spur zu zurückhaltend in den ab und an notwendigen Ausbrüchen. Auch Ante Jerkunica sang als Bartolo mit schon beinahe vornehmer Zurückhaltung, seine Vendetta-Arie kam dann doch etwas gar harmlos daher, wie wenn es ihm mit der Rache gar nicht so ernst wäre. Basilios Arie fiel natürlich ebenfalls den Strichen zum Opfer, so dass sich Paul Kaufmann auf (allerdings gekonntes) tuntiges Chargieren beschränken durfte. Wunderbar komisch war Kammersänger Peter Maus als Don Curzio. Insgesamt also eine ganz gelungene Leistung des spielfreudigen Ensembles in dieser Oper, die so sehr von Ensembles geprägt ist wie sonst kaum eine andere. Zum Glück dirigierte Friedemann Layer das sehr gepflegt spielende Orchester der Deutschen Oper Berlin mit zurückhaltender Unaufgeregtheit, die Tempi nicht übertreibend und die Sänger nie zudeckend, so dass auch die Schönheit der etwas kleineren Stimmen auf der Bühne wunderbar zum Klingen kam.

Inhalt der Oper:

„Figaros Hochzeit“ ist die Fortsetzung des „Barbiers von Sevilla“.

Die Handlung spielt an einem einzigen Tag.

Graf Almaviva ist mit Rosina verheiratet, aber seine Gefühle für die Gräfin sind erkaltet. Er stellt der Zofe Susanna nach, die sich jedoch mitten in den Hochzeitsvorbereitungen mit Figaro, Almavivas Kammerdiener, befindet. Zwar hat der Graf auf das adlige „Recht auf die erste Nacht“ verzichtet, nimmt sein Versprechen jedoch nicht sehr ernst. Figaro seinerseits hat die Ehe Marcellina versprochen. Nach einigen turbulenten Szenen, die geprägt sind vom ständigen Auftauchen des jungen Heisssporns Cherubino, von Eifersucht, Rache, Verwechslungen, Intrigen und Lust, stellt sich heraus, dass Marcellina Figaros Mutter ist, Bartolo sein Vater und weder Susanna noch die Gräfin untreu waren.

Auf Knien muss der Graf seine Gräfin um Verzeihung bitten. Doch ist die Welt nun wieder in Ordnung, sind die Wunden verheilt?

Werk:

Stilistisch zwar noch eine typische opera buffa, zeigt Mozarts NOZZE DI FIGARO den Meister auf dem Höhepunkt seines Opernschaffens: Wie kein anderer seiner Zeitgenossen verstand er es, seine Protagonisten mit Leben zu erfüllen, Stimmungsumschwünge gekonnt in die konventionellen Formen der Arien und Cavatinen einzubauen, Ensembles von vitaler Kraft und Lebendigkeit zu komponieren.

Obwohl das Stück von Beaumarchais mit einem Aufführungsverbot belegt war (Kritik an der Feudalherrschaft), durfte die Oper Mozarts und da Pontes unbeanstandet von der Zensur gespielt werden. Nach einer eher reservierten Aufnahme durch das adlige Wiener Publikum setzte sich der FIGARO erst nach den erfolgreichen Aufführungen in Prag durch.

Musikalische Höhepunkte:

Viele bekannte und wunderschöne Arien und Ensembleszenen, so die beiden Arien der Gräfin „Porgi amor“ und „Dove sono i bei momenti“, Cherubinos „Non so più“ und „Voi che sapete“, Susannas „Deh vieni, non tardar“ im vierten Akt, Figaros „Aprite un po´ quel´occhi“…

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