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Zürich: LA STRANIERA (Derniere), 22.10.2013

Erstellt von Kaspar Sannemann | | La Straniera

Edita Gruberova

Melodramma in zwei Akten | Musik: Vincenzo Bellini | Libretto: Felice Romani | Uraufführung: 14. Februar 1829 in Mailand | Dies war die letzte Vorstellung in Zürich, die Produktion wird in anderer Besetzung noch im März/April 2014 in Essen zu sehen sein. mit Marlis Petersen in der Titelpartie.

Kurze Würdigung: für eine ausführliche Rezension verweise ich auf meine Premierenkritik vom 23.6.2013

Schwierig zu erklären, woran es gelegen haben mag, dass der Funke diesmal nicht so in den Saal sprang, wie anlässlich der Premiere vor ziemlich genau vier Monaten. Ich weiss, dass ich damals die Produktion über alle evidenten Schwächen des Werks hinweg verteidigt habe. Doch diesmal lief das onehin etwas hanebüchene Geschehen ziemlich uninspiriert ab. Eventuell liegt es doch an der "Theater auf dem Theater" Inszenierung von Christof Loy, an der es, wenn man sie einmal gesehen hat, wenig Neues oder Auf- und Anregendes zu entdecken gibt, deren Statik im Einheitsbühnenbild auf Dauer etwas öde wirkt. An den sängerischen Qualitäten der Darsteller lag es bestimmt nicht, denn die waren sehr gut bis herausragend: Franco Vassallo begeisterte mit seinem herrlich voll strömenden und doch differenziert und wunderschön phrasierendem Bariton als Valdeburgo, Dario Schmunck setzte seine angenehm timbrierte Tenorstimme mit eleganter Geschmeidigkeit und subtil weichem Tonansatz in der Rolle des Arturo ein, Veronica Simeoni gelang wiederum eine warmstimmige, berührende Zeichnung der Isoletta (phantastisch begleitet von der Flötistin der Philharmonia Zürich in ihrer grossen Szene im zweiten Akt), Pavel Daniluk und Benjamin Bernheim überzeugten als besorgter Vater, respektive eiskalter Intrigant Osburgo und der junge Roberto Lorenzi liess mit sonorem, ausnehmend sauber geführtem Bass (und überaus einnehmender Bühnenerscheinung!) als Priore aufhorchen. Bleibt die Protagonisten, die Diva, für welche diese Produktion ja auf den Spielplan gesetzt wurde: Edita Gruberova. Sie wirkte weitaus sicherer, routinierter als an der Premiere, intonierte auch bedeutend besser - und doch war man von ihrer Interpretation weniger in Bann gezogen. Vieles geriet eindeutig zu laut, wie wenn sie sich nicht ganz sicher gewesen wäre, dass die Stimme auch im mezzoforte oder piano korrekt anspringen würde. So war ihr Gesang über weite Strecken von oft viel zu schriller Kälte geprägt. Sicher, die glissandi, die alles und alle übertönenden, präzise erreichten Spitzentöne, die beinahe unerschöpflich scheinenden Kräfte waren ausserordentlich - und doch vermisste man das messa di voce, den leichtfüssigen canto fiorito. Vieles wirkte unendlich schwer und scharf. Fabio Luisi und die Philharmonia Zürich begleiteten die Sänger sehr einfühlsam, die Holzbläser und die Hörner spielten traumhaft schön.

Inhalt:

Isoletta liebt Arturo, doch zweifelt sie kurz vor der Hochzeit an der Treue ihres Verlobten. Sie vertraut sich Valdeburgo an mit der Vermutung, Arturo habe sich in die Fremde (la straniera) verliebt, welche sich seit einiger Zeit unter dem Namen Alaide in einer Hütte am See aufhält. Arturo sucht die Straniera auf, gesteht ihr seine Liebe. Sie erklärt ihm. Dass diese Liebe keine Zukunft habe. Valdeburgo sucht die Straniera ebenfalls auf und erkennt in ihr seine Schwester Agnese, einst Geliebt des Königs, aber auf Grund päpstlich-royaler Konflikte vom Hofe verbannt. Arturo beobachtet das Treffen Valdeburgo-Alaide aus einem Versteck, zieht falsche Schlüsse und hält Valdeburgo für einen Rivalen. Im Verlauf des Duells wird Valdeburgo verwundet und stürzt in den See. Adelaide hört die Rufe und teilt Arturo mit, dass Valdeburgo ihr Bruder Leopold sei. Arturo stürzt sich aus Verzweiflung ebenfalls in den See. Da Alaide das Blut ihres Bruders an den Händen hat, wird sie des Mordes an den beiden Männern bezichtigt.

Vor Gericht erwartet sie die Todesstrafe. Da stürzt der durchnässte Arturo in den Saal. Nun wird auch er des Mordes bezichtigt und soll gemeinsam mit Alaide hingerichtet werden. Doch auch Valdeburgo konnte sich aus den Fluten retten und kärt alles auf. Arturo soll Isoletta heiraten und auf Alaide verzichten. Doch Isoletta spürt, dass Arturos Liebe nicht aufrichtig ist und will auf eine solche Heirat verzichten. Arturo bricht die Zeremonie ab. Der Prior verkündet, dass die Königin Isemberga verstorben sei und Alaide (Agnese) nun den Platz an der Seite des Königs einnehmen könne. Diesem königlichen Rivalen fühlt sich Arturo nicht gewachsen. Er ersticht sich vor Alaides Augen.

Werk:

Als historisches Vorbild der Handlung diente dem Librettisten Felice Romani die Liebeswirren um den König Philipp II. Auguste von Frankreich, dessen Begehren nach Aufhebung der Ehe mit der dänische Prinzessin Ingeborg der Papst nicht stattgab. Seine Geliebte Agnes von Andechs-Meranien musste sich auf ein Schloss zurückziehen, wo sie nach der Geburt ihres Sohnes starb.

Vincenzo Bellini (1801-1835) war der grandiose Melodiker unter den Komponisten des Belcanto, welcher mit seinen „melodie lunghe, lunghe, lunghe“ (Verdi) das Publikum entzückte. Die Verbindung von Schauerromantik und Melodrama war Bellinis Spezialität. LA STRANIERA war ein Auftragswerk der Scala, entstanden nach dem Erfolg von IL PIRATA und diesen noch übertreffend. Heutzutage wird die Oper nur sehr selten aufgeführt, Bellinis spätere Werke LA SONNAMBULA, NORMA und I PURITANI liessen LA STRANIERA etwas in Vergessenheit geraten. Erwähnenswert ist vor allem das Duett Quest' ultimo addio mit seiner Kabaletta und der engen Beziehung der Wortsilben mit den Noten. Die sparsame Orchestrierung, die simplen Begleitfiguren der Arien wurden Bellini oft als kompositorisches Unvermögen angelastet. Sie sind jedoch Ausdruck seiner Überzeugung, dass der Gesang in der Oper - also die Melodie - klar dominieren (und rühren!) müsse. In den vergangenen 50 Jahren habe sich Sopranistinnen wieder vermehrt der STRANIERA zugewandt, u.a. Renata Scotto, Montserrat Caballé, Lucia Aliberti, Patrizia Ciofi und Edita Gruberova, welche auch in dieser Produktion am Opernhaus Zürich szenisch als Alaide debütieren wird. Diverse Mitschnitte von LA STRANIERA (auch mit Frau Gruberova) sind im Internet (youtube) abrufbar.

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