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Leipzig, Gewandhaus: SAARIAHO, REINECKE, BRAHMS, 03.05.2024

Erstellt von Kaspar Sannemann | | Brahms Sinfonien

Carl Heinrich Reinecke (1824-1910)

Werke der Weggefährten Reinecke und Brahms, Susanne Mälkki am Pult des Gewandhausorchestert, Solist: Katalin Kramarics, Flöte

Kaija Saariaho: LUMIÊRE ET PESANTEUR, Uraufführung: 22. August 2009 in Helsinki | Carl Reinecke: Konzert für Flöte und Orchester in D-Dur, op. 283 | Uraufführung: 15. März 1909 in Leipzig | Johannes Brahms: SInfonie Nr. 2 | Uraufführung; 30. Dezember 1877 in Wien unter Hans Richter | Dieses Konzert in Leipzig: 2.5. und 3.5.2024

Kritik: erscheint am 4.5. ab 13 Uhr an dieser Stelle

Werke:

Kaija Anneli Saariaho (1952 - 2023) wurde in Finnland geboren. Nach dem Kompositionsstudium an der Sibelius-Akademie bildete sie sich an der Hochschule für Musik in Freiburg und an den Darmstädter Sommer-Kursen weiter. Bald jedoch war sie des strikten Serialismus ihrer Lehrer überdrüssig. Sie wollte Musik komponieren, die nicht von Verboten bestimmt war. Beeinflusst wurde sie von Tristan Murail und dessen Spektralmusik, worauf sie sich in computerbasierte Klangspektren vertiefte. Ihre eigenen Werke in den 1980er und 1990er Jahren waren geprägt von dichten Klangmassierungen in Verbindung mit vom Computer generierten Klängen. Es entstand eine Musik, die alle Sinne miteinbezog, farbenreich, lichtbezogen, Musik, die man gar riechen zu können vermeinte. Mit L'AMOUR DE LOIN schuf sie im Jahr 2000 eine Oper, die grosse Beachtung fand. In ihrer rund sechs Minuten dauernden Komposition LUMIÈRE ET PESANTEUR, die Esa-Pekka Salonen gewidmet ist, herrscht eine mystisch schwebende Atmosphäre vor, welche Licht und Schwere aushorcht. Salonen dirigierte die Uraufführung und nimmt das kurze Stück immer wieder in seine Programme auf.

Kaija Anneli Saariaho starb 2023 an einem Hirntumor.

Carl Heinrich Reinecke (1824-1910) wurde in Altona geboren, das damals noch zu Dänemark gehörte. Er wuchs also in unmittelbarer Nachbarschaft zu Johannes Brahms auf, der in Hamburg neun Jahre später zur Welt kam. Reinecke erhielt, vom dänischen König unterstützt, die Möglichkeit in Leipzig zu studieren. Dort lernte er neben Schumann natürlich auch Mendelssohn kennen, der als Gewandhaus-Kapellmeister Reinecke Auftrittsmöglichkeiten verschaffte. Auch war Reinecke als Klavierlehrer von Franz Liszts Töchtern tätig. Franz Liszt war es denn auch, der Reinecke Hector Berlioz empfahl. In Paris traf er dann Ferdinand Hiller wieder, den er aus seiner Leipziger Zeit kannte. Reinecke wurde am von Hiller geleiteten Konservatorium Köln Dozent für Klavier. Von Köln aus war es nicht weit nach Düsseldorf, wo die Schumanns nun wohnten. Dort traf Reinecke auch den jungen Brahms, dessen Arbeiten er förderte. Über Kapellmeisterstellen in Barmen und Breslau kam Reinecke wieder nach Leipzig, wohin er vom Gewandhausorchester als Leiter berufen worden war, eine Stellung, die er dann 35 Jahre lang innehatte. Daneben war er als Kompositions- und Klavierlehrer am Leipziger Konservatorium tätig und übernahm später auch dessen Leitung. Zu seinen Schülern zählten u.a. Edvard Grieg, Leoš Janáček , Ethel Smyth, Julius Röntgen, Isaac Albéniz, Emil Nikolaus von Reznicek, Frederic Delius und Felix Weingartner. 

Als Komponist war Reinecke tief von seinen Vorbildern Schumann und Mendelssohn, sowie von Chopin geprägt. Obwohl Reinecke Brahms oft im Gewandhaus seine Werke dirigieren liess, und z.B. die Uraufführung von Brahms' Violinkonzert in Leipzig durchsetzte und dessen DEUTSCHENS REQUIEM zur Uraufführung brachte, stiess diese Hochachtung für Brahms und dessen Kompositionen nicht auf Gegenliebe: Der knorrige Brahms äusserte sich eher herablassend über Reineckes Kompositionen. Nichtsdestotrotz war es Reinecke, der zu Brahms' Sterbebett nach Wien eilte! Der feinsinnige Mensch und Komponist Reinecke hatte in seinen Kompositionen eine Neigung zum Idyllischen, manchmal auch zum Märchenhaften, immer voller Gemüt und meisterhaft im Umgang mit dem Kontrapunkt. Mit seinem Flötenkonzert in D-Dur schrieb er im hohen Alter von 84 Jahren eine Meisterwerk: Frische, ungebrochene melodische Fülle, ein elegischer Mittelsatz und ein schwungvoller Finalsatz kennzeichnen das wunderbare Flötenkonzert. Eine Musik, die sich am Beginn des 20. Jahrhunderts zurückträumt in die gute, alte Romantik, aber voll von Altersweisheit ist.

Johannes Brahms (1833-1897) schrieb vier Sinfonien. Die zweite in D-Dur entstand 1877, im Gegensatz zur ersten in relativ kurzer Zeit. Die Uraufführung unter Hans Richter in Wien war sehr erfolgreich. Der berühmt-berüchtigte Kritiker Eduard Hanslick schrieb z.B.: „ ... selten hat die Freude des Publikums an einer neuen Tondichtung so aufrichtig und warm gesprochen.“ Der erste Satz (Allegro non troppo) ist von einfallsreicher, beinahe pastoraler Melodik bestimmt. Eine schwermütige Celloweise prägt das Adagio des zweiten Satzes, untermalt mit sehnsüchtigen Hornrufen. Nach einer gewittrigen Stimmung verklingt der Satz friedlich und ruhig. Das Alegretto grazioso des dritten Satzes ist wohl der eingängigste Abschnitt der Sinfonie, voller Fröhlichkeit und wildem Galoppieren. Der Finalsatz (Allegro con spirito) ist ein wirbelndes Brio, mit schwärmerischen, naturseligen und ungarisch angehauchten Einsprengseln.

Karten

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