Berlin, Philharmonie: WIENER PHILHARMONIKER | THIELEMANN; 15.09.2024
Die Wiener Philharmoniker zu Gast in der Philharmonie Berlin. Unter der Leitung von Christian Thielemann spielen sie die erste Sinfonie in B-Dur von Robert Schumann ("Frühlingssinfonie", Uraufführung 31. März 1841 in Leipzig unter der Leitung von Felix Mendelssohn-Bartholdy) und die erste Sinfonie in c-Moll (Wiener Fassung von 1890/91) von Anton Bruckner, Uraufführung: 9. Mai 1868 in Linz
Kritik: folgt am 16.9. ab 20 Uhr an dieser Stelle
Werke:
Robert Schumann (1810-1856) komponierte bis zu seinem 30. Lebensjahr nur für das Klavier. Doch dann kam der Durchbruch: Seine erste Sinfonie schuf er in ganz kurzer Zeit, skizzierte sie innert vier Tagen und bereits einen Monat später war er mit der Instrumentierung fertig. Die Uraufführung unter Mendelssohn-Bartholdy war überaus erfolgreich. Die Sinfonie widerspiegelt mit ihrem ungetrübten Charakter des Aufbruchs auch die glückliche persönliche Phase, in der sich Schumann damals befand. "Wir sind sehr glücklich miteinander", schrieb Schumann über das Zusammenleben mit seiner Frau Clara. Die thematische Anregung zu seinem ersten sinfonischen Werk erhielt Schumann durch eine Zeile eines Gedichts von Adolph Böttger ("Im Thale blüht der Frühling auf"). Er verwendete die folgenden Satzüberschriften: Frühlingsbeginn - Abend - Frohe Gespielen - Voller Frühling. Diese Überschriften liess er jedoch für die Stichvorlage der Partitur wieder entfernen.
Anton Bruckner (1824-1896) stammte aus bescheidenen Verhältnissen, war zuerst Lehrer und besserte sein Gehalt mit bäuerlichen Arbeiten und als Geiger bei Volksfesten auf. Seine Musikalität hatte sich schon früh offenbart (Sängerknabe in St. Florian). Nach Organistenstellen in St. Florian und Linz wurde er ans Wiener Konservatorium berufen als Professor für Generalbass, Kontrapunkt und Orgel. Als Komponist schlug ihm aber auch in Wien Unverständnis und gar Häme entgegen. Er wurde in den erbitterten Streit zwischen den Traditionalisten (um Brahms) und den “Neudeutschen” (um Wagner) hineingezogen. Insgesamt schuf Bruckner neun Sinfonien, wobei die neunte unvollendet blieb. Eine frühe Sinfonie in f-Moll bezeichnete Bruckner als “Studiensinfonie”, eine Sinfonie in d-Moll bezeichnete er als ungültige weitere Studie und reihte sie als “Nullte” in sein Schaffen ein. Die erste Sinfonie, in c-Moll, schuf er 1865/66 in Linz und brachte sie 1868 zur Uraufführung, leider ohne Erfolg. Er nannte sie später ein “keckes Beserl” und sie schien ihm so ungewöhnlich für die Hörer zu sein, dass er sie 1890/91 in Wien umarbeitete, wobei er die sich auf Beethovens Neunte berufende Form nicht antastete, wohl aber die Instrumentation ausgeglichener und weniger “keck” gestaltete. Auffallend ist, dass er bereits in dieser Sinfonie eine Themen-Dreiheit im Kopfsatz vorstellt. Das dritte Thema zeigt den bei ihm üblichen monumental-gläubig-religiösen Charakter. Auch im zweiten Satz kündigt sich mit dem Adagio Bruckner als Meister der langsamen Sätze an. Das Scherzo zeigt auf dämonische Art Reminiszenzen des bäuerlichen Tanzes (seine Erfahrungen aus der Jugendzeit). Das Finale wird - wie in seinen späteren Sinfonien - zum gewichtigen Schwerpunkt mit einer Meisterleistung des Kontrapunkts in der Durchführung und strahlendem C-Dur mit majestätischem Jubel in der Reprise.