Berlin, Philharmonie: BRUCKNER, DSO, 08.10.2011
Anton Bruckner: 8. Sinfonie in c-Moll, Fassung von Robert Haas |
Uraufführung der zweiten Fassung: 18. Dezember 1892 in Wien
Kurzkritik:
Die oftmals gleissende Monumentalität der Brucknerschen Sinfonien mag nicht jedermanns Sache sein - und dass gewisse martialisch klingende Teile seiner Werke in der deutschen Vergangenheit leider oftmals demagogisch missbraucht wurden (ähnlich wie diejenigen von Richard Wagner, welchen Bruckner unüberhörbar ausserordentlich verehrte), ist zwar zu bedauern, hat aber weder mit dem Komponisten noch mit seinem Werk zu tun. Wie dem auch sei: Heute Nachmittag blieben in der Philharmonie viele Plätze leer - und einmal mehr muss man sagen, dass die Abwesenden ein überwältigendes Konzerterlebnis verpasst haben. (Am 9. Oktober 2011 um 20 Uhr kann dies aber nachgeholt werden!)
Vor ziemlich genau 20 Jahren gab Herbert Blomstedt (damals 64 jährig) mit dieser Sinfonie von Bruckner sein Debüt beim DSO. Nun kehrte er als unglaublich jugendlich und dynamisch wirkender 84 jähriger mit diesem Werk in die Philharmonie zurück. Ihm zuzusehen, wie er die 90 Minuten dauernde Mischfassung (Robert Haas) auswendig dirigiert, ist allein schon ein faszinierendes Vergnügen. Das Orchester folgte seinen Intentionen mit präzisem, die orgiastischen Steigerungen grandios umsetzendem Spiel. Bei Bruckner sind vor allem die Blechbläser und die Streicher enorm gefordert. Das DSO Berlin verfügt an allen Pulten über exzellente MusikerInnen, um diese extremen Anforderungen berauschend zu meistern. Doch auch die innigeren Momente des Adagios, mit seinen Seufzern eine Hommage Bruckners an TRISTAN UND ISOLDE, gelangen mit beglückender Intensität. Die Spannung dieses ins Extreme ausgedehnten Satzes liess nicht nach, Blomstedt und das Orchester gestalteten diesen (für mich) Höhepunkt von Bruckners Schaffen mit ungemeiner Plastizität, eine Musik wie aus einer anderen Welt, vor allem wenn dann die drei Harfen noch ihre sphärischen Klänge beimischen. Im Finale schöpfte der österreichische Klangmagier noch einmal aus dem Vollen, liess die Motive der vorangegangenen Sätze wie in Schichten aufeinanderprallen, schlüsselte sie wieder auf und kehrte sie um. Da waren die Fanfaren, die Reiterhorden des Zaren zu hören, aber auch wieder der simpel gestrickte "Deutsche Michel" aus dem Scherzo, ein Motiv, das in seiner erschreckenden Einfachheit schon beinahe als sarkastischer Kommentar Bruckners über die Deutschen gehört werden darf. Trotz aller orchestralen Wucht, welche sich die Musiker unter Blomstedt nicht entgehen liessen, wirkte die Umsetzung dieser grandiosen Quintessenz von Bruckners Schaffen nie vordergründig plakativ, sondern schaffte den Zuhörern Raum und Inspiration für mystische Gedanken.