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Zürich, Tonhalle: MOZART KV 491 & BRUCKNER 5,02.06.2016

Erstellt von Kaspar Sannemann | | Bruckner 5. Sinfonie

Anton Bruckner

Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 24 in c-Moll, KV491 | Uraufführung: vermutlich 7. April 1786 in Wien | Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 5 in B-Dur | Uraufführung: 9. April 1894 in Graz | Dieses Konzert in der Tonhalle Zürich: 1. 6. | 2.6. | 3.6.2016

Kritik:

Während beinahe 20 Jahren war David Zinman Chefdirigent des Tonhalle-Orchesters Zürich und hat die Entwicklung dieses Klangkörpers zu einem Orchester der Top-Liga nachhaltig mitbeeinflusst. Nun kehrt er als Ehrendirigent für die drei Konzerte zur Eröffnung der Festspiele Zürich mit einem langjährigen Weggefährten, dem Pianisten Radu Lupu, in den grossen – und vor einer wichtigen Volksabstimmung stehenden – Saal zurück.

Wie vertraut David Zinman mit dem Orchester und der fantastischen Akkustik des grossen Tonhalle Saals ist, zeigt sich eindrücklich in der architektonisch so klug aufgebauten und dynamisch überwältigend austarierten Wiedergabe der ausufernden fünften Sinfonie von Bruckner, diesem kontrapunktischen Meisterwerk, welches mit seinen Klangballungen und gleissenden Blechblässerpassagen schnell einmal dick und allzu pathetisch klingen könnte. Nicht so unter Zinmans klar strukturierenden Leitung, welche alle pastosen Fallen durch überlegte Disposition der Klangmassen meidet. Dumpf und präzise leiten die Pizzicati der Bässe den Kopfsatz ein, herrlich legt sich die Choralmelodie der Streicher und der Tutti-Aufschwung des Orchesters mit wunderbar sauber gespieltem Blech darüber. Zinman und das grandios spielende Tonhalle-Orchester arbeiten die Stimmungswechsel dieses Satzes mit packender Akkuratesse heraus: Triumphale Erhabenheit, fragendes Suchen, das Zurücksinken in die Düsternis tragen zum zerklüfteten Charakter dieser Exposition bei, führen zu gewaltigen Entladungen, enden mit einem mitreissenden Paukenwirbel. Das darauf folgende Adagio wird, wie Bruckner es vorschreibt, sehr langsam genommen. Die Oboe exponiert wunderschön das die Sinfonie beherrschende Hauptthema des Quintfalls, die Streicher stimmen mit satter, tröstender Zuversicht das zweite Hauptthema an. Der Satz scheint übermässig breit angelegt, doch dank der mit konzentrierter Energie umgesetzten und äusserst präzise ausmusizierten Wiedergabe durch das Tonhalle-Orchester wirkt er immer spannungsgeladen. Im Scherzo dann zieht Zinman das Tempo merklich an, spielt wunderbar einfühlsam mit den Chiaroscuro Effekten, pendelt zwischen brachialer Rohheit und tänzerischer Leichtigkeit, erzielt Starkstrom-Effekte mit sparsamer Geste, ganz auf die rhythmische Präzision des Orchesters vertrauend. Der Schlusssatz der hier etwas 80 Minuten dauernden Sinfonie beginnt wiederum mit dumpfen Pizzicati, doch die markigen Steigerungen setzen schon bald ein, die lieblicheren Einsprengsel werden seltener, die Erhabenheit des Bläserchorals wirkt überwältigend, die Antwort in den Streichern mildert das Gleissende hervorragend ab. Zinman geht den Satz ohne zelebrierendes Pathos an, vermeidet damit den Schwulst. Unter seinem Dirigat mit den fein ziselierten Passagen zwischendurch wirken auch die wuchtigen Explosionen eher zornig und hart, denn als kitschige Apotheose. Und noch einmal erklingt wunderbar präzise herausgearbeitet der Quintfall. Begeisternd!

Zu Beginn des Konzerts spielt das Orchester Mozarts Klavierkonzert in c-Moll, KV 491. Der Pianist Radu Lupu setzt fast wie entrückt nach der wunderbar weich gespielten Orchestereinleitung ein, fliegt durch die Läufe mit beinahe gesanglicher Lässigkeit, ohne aber nachlässig zu spielen, hört wunderbar genau auf die Musiker (präzises Hinabsinken zusammen mit den Bassstimmen im Orchester). Zinman sorgt für fabelhafte Transparenz des Gesamtklangs, verleiht den Seitenthemen Präsenz (den witzigen Einwürfen des Fagotts z.B.). Durch die Verwendung der Kadenz von Ferruccio Busoni kann Lupu dann auch seine ganze, stupende Virtuosität ausspielen – und der Komposition Mozarts den zukunftsweisenden romantischen Touch verleihen. Berührend umspielt der Pianist im Larghetto die Couplets der Bläser, in spannungsgeladenem Dialog werden die Variationen des abschliessenden Allegrettos musiziert. Trotz grossen Applauses liess sich der Starpianist nicht zu einer Zugabe animieren ... .

Das Konzert findet heute Abend (offizielles Eröffnungskonzert der Festwochen -Thema DADAISMUS) mit einem dadaistischen Kurzfilm von René Clair und mit Musik von Erik Satie in der Pause noch einmal statt. Sehr empfehlenswert!

Werke:

Wolfgang Amadeus Mozarts (1756-1791) Klavierkonzert Nr. 24 gehört in die Reihe der zwölf Wiener Konzerte für Klavier, welche der Komponist in den Jahren 1784-1786 schrieb. Obwohl noch der traditionellen Dreisätzigkeit verpflichtet (Allegro, Larghetto, Allegretto), hebt es sich durch die Tiefe des Ausdrucks, der imminenten Tragik und der Leidenschaft von den übrigen Konzerten dieser Schaffensperiode (und der Epoche) ab und entfernt sich durch seine innere Grösse von der leicht zugänglichen Unterhaltungs- und Gesellschaftsmusik der Zeit. Zudem hat Mozart in keinem anderen Konzert eine so umfassende Bläserbesetzung vorgeschrieben: Zu den Flöten, Oboen und Klarinetten gesellen sich Fagotte, Hörner und Trompeten. Dieser reichhaltige Bläsersatz kommt insbesondere im liedartigen langsamen Satz zur Geltung, im fein austarierten Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester. Oft musiziert das Klavier auch gleichermassen „einsam“, nimmt Themen des Orchesters nicht auf, beantwortet sie nicht.

Auch Anton Bruckners (1824-1896) Mitte der 1870er Jahre entstandene fünfte Sinfonie trägt die Züge des „Einsamen“, des tief gläubig Suchenden. Bruckners fünfte Sinfonie weist in ihrer Anlage der Sätze deutlich auf Beethovens neunte Sinfonie hin. In ihr erweist und beweist sich Bruckner als genialer Meister der Kontrapunktik. Ein wahres Wechselbad der Gefühle zeichnet die farbenreiche und wuchtige Sinfonie aus: Klage, Choräle, tremolierende Ängste, Seufzer, Trost und Hoffnung kulminieren am Ende (nach einer kunstvoll gearbeiteten Doppelfuge) in einer gewaltigen Apotheose, in welcher das Choralthema des Blechs am Ende triumphierend über das Gewebe der Reminiszenzen an die vorhergehenden Sätze strahlt.

Bruckner wurde lange Zeit von den Brahms-Anhängern dermassen angefeindet, dass seine Sinfonien kaum aufgeführt wurden. Erst mit der siebten Sinfonie gelang ihm der Durchbruch. Auch seine fünfte wurde zu seinen Lebzeiten nur zweimal aufgeführt: Einmal in einer Bearbeitung für zwei Klaviere und dann die orchestrale Uraufführung 1894, bei der der Dirigent und Bruckner-Schüler Franz Schalk das Werk aber erheblich gekürzt hatte. Diese Strichfassung wurde lange Zeit gespielt, heutzutage jedoch wird das Werk wieder meist in der ungekürzten Urfassung aufgeführt und stellt somit die vom Komponisten beabsichtigten Proportionen wieder her. Aufführungsdauer: ca. 70'.

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