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Zürich: IPHIGÉNIE EN TAURIDE, 02.02.2020 & 23.02.2020

Erstellt von Kaspar Sannemann | | Iphigénie en Tauride

copyright: Monika Rittershaus, mit freundlicher Genehmigung Opernhaus Zürich

Tragédie in vier Akten | Musik: Christoph Willibald Gluck | Libretto: Nicolas-François Guillard, nach der gleichnamigen Tragödie von Claude Guimond de La Touche | Uraufführung: 18. Mai 1779 in Paris | Aufführungen in Zürich: 2.2. | 4.2. | 6.2. | 8.2. | 11.2. | 16.2. | 20. 2. | 23.2. | 28.2.2020

Kritik der zweitletzten Vorstellung vom 23.2.2020:

Auch drei Wochen nach der Premiere hat diese Produktion nichts an bezwingender, konzentrierter und albtraumhafter Kraft eingebüsst - im Gegenteil. Denn auch beim zweiten Besuch dieser Inszenierung des Hausherrn Andreas Homoki in der passend zum Stück düster-unheimlichen Ausstattung durch Michael Levine wird man sofort hineingezogen in die Spirale von Träumen, Gewalt und nur teils geglückter Katharsis. Die Besetzung war natürlich dieselbe, wie anlässlich der Premiere, mit einer gewichtigen Ausnahme, denn Birgitte Christensen (in den ersten Vorstellungen noch als Göttin Diane zu erleben) hat jetzt die Titelrolle von Cecilia Bartoli übernommen. Es geht nun nicht darum zu evaluieren, welche der beiden Künstlerinnen "besser" war. Denn beide wussten und wissen das Beste aus ihren unterschiedlichen stimmlichen Voraussetzungen für ihre Rollengestaltung der Iphigénie herauszuholen. Frau Christensen kann dabei auf ihre Erfahrungen sowohl in den dramatischen Partien des Mozartfachs (Donna Anna, Vitellia) als auch in den zentralen Rollen des italienischen Repertoires (Violetta, Elisabetta, Liù, Aida) und des Barock (Alcina, Alceste) zurückgreifen. Und so legt sie auch die von Albträumen heimgesuchte Iphigénie an. Bereits in der die Oper eröffnenden Sturmszene kommt ihre sicher geführte Sopranstimme mit dramatischer Kraft zur Geltung, die Szene wird auch dank der erneut bestechend sicheren Einwürfe des Damenchors zu einem ersten Höhepunkt des Abends, gefolgt von der berührend gestalteten Arie O toi qui prolonges mes jours. Im zweiten Akt ergibt sich diese wunderbare Konstellation erneut, nämlich bei der "Heimwehklage" der auf Tauris festgehaltenen griechischen Priesterinnen und Iphigénies Trauer über die Auslöschung ihrer Familie (O mlaheureuse Iphigénie!). Der dritte Akt gehört grösstenteils den beiden in tiefer Liebe verbundenen Freunden Oreste und Pylade, welch von Stéphane Degout und Frédéric Antoun erneut mit famoser Rollengestaltung verkörpert werden, Degout ist der sich wegen seiner Schuld und den den ihn verfolgenden Eumeniden in hochdramatische Ausbrüche steigernde Oreste, Antoun spendet mit seinem wunderbar timbrierten Tenor balsamischen Trost und zeigt heroische Aufopferungsbereitschaft. Ganz stark ist Birgitte Christensen dann erneut im vierten Akt, wo sie in ihrer grossen Arie Je t'implore et je tremble ihrer Verzweiflung Ausdruck gibt, weil sie ihrem brutalen Amt (als strandende Fremde zu schlachtende Priesterin) nicht mehr gewachsen ist. Erneut findet Frau Christensen hier zu berückend gestalteten Passagen voll glühender Intensität. Die Bitten (erneut mit Unterstützung des herausragend singenden Damchors) finden schliesslich Gehör bei der Göttin Diana, welche, gesungen von Justyna Bluj (kündigt sich hier bereits erneut eine Iphigénie an?), mit wohldosierter Dramatik und autoritärer Durchschlagskraft den schuldbeladenen Bann über das Geschlecht der Atriden aufhebt. Allerdings vertraut Homoki dem Happyend nicht so ganz, wie in meiner untenstehenden Rezension der Premiere nachzulesen ist. 

Kritik der Premiere:

Obwohl Christoph Willibald Gluck als grosser Opernreformator in die Musikgeschichte einging, gehören seine Werke leider höchstens zum erweiterten Standardrepertoire der Opernbühnen, vielleicht mit Ausnahme von ORPHÉE ET EURYDICE, seiner zweiten französischsprachigen Reformoper. Mit der Neuproduktion von IPHIGÉNIE EN TAURIDE (letzmals in Zürich 2001 zu sehen gewesen mit William Christie am Pult, Regie: Claus Guth, mit Juliette Galstian, Rodney Gilfry und Deon van der Walt) lieferte das Opernhaus Zürich gestern Abend nun ein gewichtiges Plädoyer für den zu Unrecht vernachlässigten Komponisten Gluck und zeigte exemplarisch, warum seine Reform so wichtig war für die Entwicklung des Musiktheaters: Expressivität, tiefe Durchdringung des Textes, Befreiung von (für die psychischen Befindlichkeiten der Protagonisten) unnötigem Zierrat, Durchgestaltung in ganzen Szenen, gar Akten, anstelle von kleingliedriger Trennung in Rezitative und unendlichen Da capo – Arien. In dieser Zürcher Fassung von 2020 nun werden gar die Akte aufgehoben, kein Zwischenapplaus soll die albtraumhafte Handlung unterbrechen, die vier Akte werden deshalb logischerweise pausenlos gespielt und so erhält diese Oper eine ungeheure Sogwirkung. Diese Wirkung wird durch die phänomenale Bühne und Ausstattung von Michael Levine kongenial unterstützt. Der tiefschwarze, sich nach hinten stark verengende Tunnel, am Portal begrenzt durch einen kaltweiss leuchtenden Rahmen, erhält ein faszinierendes Eigenleben, da immer wieder Brüche sichtbar werden, durch die kaltes Licht eindringt, welches zu beängstigenden und verstörenden Lichteffekten führt (Lichtdesign: Franck Evin). Doch genauso schnell wie diese Spälte in den Wänden, der Decke und dem Boden auftauchen, verschwinden sie auch wieder; lautlos und die Bühne in vollkommene Schwärze tauchend. Grosse Klasse! Nach seinem Bühnenbild zu WOZZECK (die Wiederaufnahme steht im Februar an!) erneut eine meisterhafte Arbeit von Micheal Levine. In diesen optischen Albtraum hinein inszeniert nun Andreas Homoki die Handlung dieses letzten Abschnitts des Atridenfluchs . Die brutale Historie des FLUCHS DER ATRIDEN liest sich ja wie das Drehbuch zu einem Splatter-Movie (siehe weiter unten!), doch Homoki verfällt natürlich nicht der blutigen Nachzeichnung der Vorgeschichte, sondern geht sehr subtil vor, indem er die utopischen und die schrecklichen Träume der letzten Nachkommen Agamemnons durch hell gewandete Darsteller*innen – in einem Meer von schwarzen Kostümen - nachspielen lässt. Da ist u.a. Klein-Oreste zu sehen, welcher die Ermordung seines Vaters durch seine Gemahlin Klytämnestra mitansehen muss und Klytämnestra, welche die (vermeintliche) Opferung ihrer Tochter durch Agamemnon nicht verkraftet. Immer wieder scheint aber auch das Ideal der glücklichen Familie auf: Wie schön hätte doch alles sein können am Hof zu Mykene, hätte nicht dieser verdammte Fluch auf dem Geschlecht gelastet, diese Spirale von Krieg, Frauenraub und Gewalt. Ganz besonders überzeugt bei Homokis Ansatz, dass er die Dea ex Machina, die Göttin Diana, mit Klytämnestra gleichsetzt. So sind ihre Worte am Ende der Oper, wo sie Orest von der Schuld des Muttermordes freispricht, eben ein direktes Verzeihen der Mutter, eine Vergebung, welche ihn von seinen Dämonen (Eumeniden) erlöst und ihn wortwörtlich in eine lichte Zukunft schreiten lassen.

Die konzentrierte Glucksche Musiksprache und die anspruchsvolle szenischen Umsetzung erfordern selbstredend exzellente Sängerdarsteller*innen – und die stehen dem Opernhaus für diese sehenswerte Neuproduktion zur Verfügung. Natürlich wurde diese Oper rund um Opern-Superstar Cecilia Bartoli angesetzt, welche seit über dreissig Jahren auf dieser Bühne zu Hause ist, aber nun zum ersten Mal mit dem Intendanten Andreas Homoki als Regisseur zusammenarbeitet. Cecilia Bartoli verschreibt sich wie stets mit Haut und Haar der Interpretiation der schwierigen Rolle der Iphigénie (sie sang sie zum ersten Mal 2015 in Salzburg), begeistert mit ihren wie stets frappierend ausdrucksstarken Piani, mit der Expressivität in den Szenen, mit einer bewegenden Schlichtheit der Interpretation, welche ohne effekthascherische Mätzchen auskommt, stets ehrlich ist und der Charakterisierung dient. Natürlich gab es auch Momente – z.B. in der Sturmszene zu Beginn – wo man sich in der Höhe etwas mehr Durchslagskraft gewünscht hätte. Doch Frau Bartoli ist natürlich klug genug zu erkennen, wo die Grenzen ihres Volumens liegen und diese Grenzen nicht durch unmässiges Forcieren zu strapazieren. Bei den tiefen Männerstimmen hingegen musste man beileibe nicht um mangelnde Durchschlagskraft bangen: Sowohl Stéphane Degout als Oreste als auch Jean-François Lapointe als Thoas (er spielte auch den Agamemnon in den pantomimischen Erscheinungsszenen) verfügen über wohlklingende, voluminöse Baritonstimmen. Stéphane Degout gibt glaubhaft den lebensmüden, weil von Schuldgefühlen (Eumeniden) geplagten, Muttermörder Oreste. Immer wieder wird in Opernführern kolportiert, IPHIGÉNIE EN TAURIDE verfüge über keine Liebeshandlung. Selbst Uwe Schweikert schreibt dies im Programmbuch. Das stimmt jedoch nicht – und Andreas Homoki hat das sehr wohl erkannt: Es gibt keine heterosexuelle Liebesgeschichte, klar, sehr wohl jedoch eine homoerotische, nämlich die Beziehung zwischen Oreste und seinem Jugenfreund und Cousin Pylade. Eine Beziehung voller Zärtlichkeit und aufopfernder Liebe, wo jeder für den andern das Leben geben würde. Homoki hat das sehr behutsam und feinfühlig inszeniert – berührend bis zum zärtlichen Kuss. Frédéric Antoun begeistert als sensibler Pylade mit jeder Phrase mit seiner wunderschön timbrierten Tenorstimme, verfügt über all die notwendigen Farben, um seiner unendlichen Liebe zu Oreste Ausdruck zu verleihen. Aufhorchen lässt in dieser leicht gekürzten Zürcher Fassung Katia Ledoux als Femme Grecque – sehr erfreulich, dass man diese kurze Szene belassen hat. Stark singt auch der Chor der Oper Zürich (Einstudierung: Janko Kastelic), insbesondere die Damen wissen mit der Schönheit des Klangs zu begeistern - optisch sind sie eine bedrohliche Masse aus gebauschter schwarzer Seide und Schleiern. Selbst die Hälse sind schwarz zugeschminkt, nur manchmal, wenn sie die Schleier lüften, sind die weiss geschminkten Gesichter zu sehen. Unheimlich.

Unheimlich gut spielt das hauseigene Barockorchester LA SCINTILLA unter der behutsamen Leitung von Gianluca Capuano, welches mit atmosphärisch dichten Naturschilderungen (Sturm) aufwartet, aber auch die fahlen Klänge in einem Klangbild von wunderbar austarierter Transparenz herausstreicht und so aus dem leicht erhöhten Graben Entscheidendes zur Charakterisierung des Unterbewusstseins der Protagonisten beiträgt und die Oper eben auf die hohe Stufe in der Musikgeschichte stellt, auf die sie zweifelssohne gehört.

Doch was passiert eigentlich mit Iphigénie nach dem vermeintlichen lieteo fine ? Die Göttin Diane (gesungen von Brigitte Christensen mit wunderschönem, spannend timbriertem Sopran) rät Oreste zwar, er solle seine Schwester dem „staunenden Griechenland“ zurückbringen. Doch Oreste schreitet in Homokis Lesart alleine dem Licht entgegen. Iphigénie hingegen – nach einem beunruhigenden Nervenzusammenbruch – steht auf und zieht sich erneut den Schleier über den Kopf, verschwindet in der schwarzen Masse der anderen Frauen. Vielleicht will sie mit dieser barbarischen Männerwelt nichts mehr zu tun haben, nachdem sie selbstbestimmt den Kreislauf von Kannibalismus, Opfer und Mord durchbrochen hatte?

Fazit: Ein starker Abend! - Auch wenn Gluck nicht wie im ORFEO ED EURIDICE mit einem Wunschkonzerthit (Reigen seliger Geister) aufwartet, dafür mit eindringlicher psychologischer Differenzierung in der Gestaltung der Hauptpartien und im Orchester. Vom Inszenierungsteam grandios und beklemmend umgesetzt. Empfehlenswert!

P.S.: Brigitte Christensen, die Sängerin der Göttin Diane und als Klytämnestra praktisch den ganzen Abend hindurch stumm auf der Bühne anwesend, wird in den letzten vier Vorstellungen die Titelrolle von Frau Bartoli übernehmen. Auf ihre Interpretation darf man sehr gespannt sein. Am 24. Februar werde ich an dieser Stelle darüber berichten!

Inhalt:

Vorgeschichte:

Agamemnons Flotte steckte auf dem Weg nach Troja mangels günstiger Winde in Aulis fest. Nur das Opfer seiner eigenen Tochter Iphigenie kann die Götter milde stimmen. Im letzten Moment entführt die Göttin Diana Iphigenie nach Tauris.

Oper:

15 Jahre später: Iphigenie ist Oberpriesterin der Göttin Diana auf Tauris. Sie berichtet von einem Traum, in welchem sie die Ermordung Agamemnons durch seine Frau Klytämnestra gesehen hat (war so ...) und auch die Ermordung ihres Bruders Orest durch ihre eigene Hand (zum Glück noch nicht passiert). Skythenkönig Thoas auf Tauris fürchtet auf Grund eines Omens um sein Leben. Der archaischen Tradition gehorchend, soll ein Menschenopfer dargebracht werden. Die Skythen schleppen zwei Schiffbrüchige an, die sie am Strand aufgelesen haben. Es handelt sich um Iphigeniens Bruder Orest und seinen Cousin Pylades. Sie sollen geopfert werden.

Die beiden Freund versichern sich gegenseitig ihrer Treue. Sie werden getrennt. Orest wird von Schuldgefühlen bedrängt (er hat ja schliesslich seine Mutter ermordet). Die Rachegöttinnen (drei Eumeniden) suchen ihn heim. Iphigenie tritt auf, erkennt ihren Bruder aber nicht. Auch er verschweigt seinen Namen, berichtet aber von der Ermordung Agamemnons durch Klytämnestra und seiner Rache an seiner Mutter. Nur die Schwester Elektra habe das Blutbad in Mykene überlebt.

Iphigenie will einen der beiden retten. Sie entscheidet sich für Orest, er soll nach Mykene zurückkehren und ihrer Schwester Elektra von Iphigeniens Schicksal berichten.

Orest versucht Pylades davon zu überzeugen, dass die Flucht das grösserer Opfer sei als hier geopfert zu werden. Er droht Iphigenie mit Selbstmord, wenn Pylades nicht freigelassen werde. Iphigenie willigt ein und übergibt Pylades einen Brief an Elektra. Der jedoch will Orest mit Hilfe von auf Tauris ansässigen Griechen befreien.

Iphigenie betet zur Göttin und erfleht Kraft für ihre grausame Aufgabe. Orest wird als Opfer geschmückt hereingeführt. Als Iphigenie das Messer hebt, gibt sich Orest zu erkennen. Doch die Skythen und Thoas betreten wütend den Tempel. Thoas verlangt, dass das Opfer endlich vollbracht werde. Iphigenie bekennt, dass sie so einen Brudermord vollbringen müsse. Thoas will den tödlichen Stich nun selbst ausführen, doch Pylades tritt mit den Griechen dazwischen und tötet Thoas. Es folgt ein Kampf zwischen Skythen und Griechen. Die Göttin Diana bereitet dem Gemetzel ein Ende. Orest wird seine Schuld vergeben und die Griechen sollen Dianas Altar und ihr Ebenbild zurück nach Griechenland führen.

 

Der Fluch der Atriden

In Mykene lebten zwei königliche Brüder, Atreus und Thyestes. Thyestes schlief mit Atreus Gemahlin. Nach Entdeckung des Seitensprungs seiner Gemahlin setzte Atreus die aus der ausserehelichen Beziehung entsprungenen Söhne seiner Frau und seinem Bruder zum Frass vor und vertrieb Thyestes. Als Strafe verhängten die Götter dem Reich des Atreus eine Dürreperiode, die erst zu Ende ginge, wenn Atreus seinen Bruder zurückkehren liesse. Unterdessen hatte Thyestes aber mit seiner eigenen Tochter einen „Rächer“ gezeugt, den Aigisth, der unerkannt am Hofe des Atreus aufwuchs und eigentlich von Atreus dazu ausersehen war, den Thyestes nach dessen Rückkehr zu ermorden. Stattdessen erschlug Aigisth seinen Onkel Atreus.
Die Söhne des Atreus, Agamemnon und Menelaos, mussten bald darauf in den Trojanischen Krieg ziehen, um die Gattin des Menelaos, Helena, zu befreien. Um günstigen Wind für seine Flotte zu erhalten, opferte Agamemnon seine Tochter Iphigenie, zum Entsetzen seiner Gemahlin Klytämnestra. Aus Trauer, Wut und Rache über den (vermeintlichen) Opfertod ihrer Tochter gab sich Klytämnestra Agamemnons Erzfeind Aigisth hin. Nach Agamemnons Rückkehr aus Troja (mit der Seherin Cassandra) wurde dieser von seiner Frau und Aigisth im Bade ermordet. Elektra, die Tochter Agamemnons und Klytämnestras, schwor Rache. Ihr Bruder Orest wurde von ihr angefeuert, die Mutter und deren Liebhaber umzubringen.
Die Erinnyen (Rachegöttinnen) verfolgten den Muttermörder. Orest konnte sich vom Fluch, der auf seinem Geschlecht lag, nur durch einen Diebstahl, den er im Tempel von Tauris begehen sollte, befreien. Dort traf er auf seine tot geglaubte Schwester Iphigenie, die jeden ankommenden Fremdling ermorden musste. Noch rechtzeitig erkannte Iphigenie in dem Fremden ihren Bruder und gemeinsam gelang ihnen die glückliche Rückkehr nach Griechenland.

Werk:

Christoph Willibald Ritter von Gluck (1714-1787) komponierte über 50 Bühnenwerke und ging als Mann, der die Kunstgattung der Oper reformierte, in die Musikgeschichte ein. Die bis dahin von den Sängern der opera seria als Vehikel für ihre akrobatischen Gesangskünste missbrauchten Werke waren Gluck ein Gräuel. Er wollte Text und musikalischen Ausdruck wieder in Einklang bringen, den Gefühlen und Leidenschaften seiner Protagonisten natürlich fliessenden Ausdruck verleihen. (Die Libretti seiner Musikdramen beruhen meist auf Vorlagen aus der griechischen Antike.)

IPHIGÉNIE EN TAURIDE war Glucks vorletzte Oper, sie erlebte nach der erfolgreichen Uraufführung 1779 in Paris dort bis 1829 über 400 Aufführungen. Für Wien erstellte Gluck auch eine deutsche Fassung und Lorenzo da Ponte (der Librettist von Mozarts Meisteropern) ebenfalls für Wien eine italienische Fassung. IPHIGÉNIE EN TAURIDE gilt (neben ORPHÉE ET EURIDICE) als Höhepunkt von Glucks Schaffen. Allerdings entlehnte Gluck für seine IPHIGÉNIE EN TAURIDE sehr viel Material aus anderen Werken (was ja eigentlich nicht seinem Anspruch an die Reformation der Oper entspricht). Julian Rushton spricht denn auch in seiner Schrift THE OPERAS OF GLUCK AND PICINNI vom „brillantesten PASTICCIO, das je komponiert worden ist.“

Übrigens hat Glucks grösster Konkurrent, Niccola Piccinni, den Iphigenien-Stoff ebenfalls vertont. Durch eine Gegenintrige des selbstherrlichen Gluck wurde seine IPHIGÉNIE zuerst uraufgeführt.

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