Duisburg: LOUISE, 12.10.2008
Diese Produktion MUSS man gesehen haben. Eine eindringlichere, aufwühlendere und nachdenklich stimmendere Opernproduktion habe ich in den letzten Jahren nicht gesehen. Was Regisseur Christof Loy aus dem hundertjährigen Stoff herausholt ist unglaublich aktuell. Am Schluss blieb manchem Zuschauer ein Tränenausbruch nicht erspart. Loy legte den Schwerpunkt auf die inzestuöse Beziehung des Vaters zu seiner Tochter Louise, das (in solchen Fällen leider oft übliche) Weggucken der Mutter, die sexuelle Unterdrückung der Tochter und die kurzen Momente von Louises Glück in der Künstlergemeinde des Montmartre. Dies alles spielte sich in einer Art Wartesaal des Glücks ab, Stil 50er Jahre.
Eindrücklich das Spiel und der Gesang der Protagonisten, allen voran Sylvia Hamvasi, welche die Gewaltspartie der Louise mit unglaublich intensivem, strahlkräftigem Sopran ausstattete. Ihre Darstellung dieses von ihrer Familie zerstörten Mädchens berührte und erregte Wut auf eine Gesellschaft, die so etwas nach wie vor zulässt. Ihr etwas oberflächlicher Verehrer Julien, mit welchem sie nur einen kurzen Moment des Glücks geniessen darf, wurde von Sergej Khomov glaubwürdig dargestellt und hervorragend gesungen. In einem ekstatischen Duett vereinigten sich die beiden überragenden Stimmen. Sami Luttinen gestaltete den äusserlich biederen Vater (Nickelbrille und Aktenmappe), der doch ein echter Schweinehund ist, mit kernigem Bariton. Die in ihren Gefühlen erkaltete Mutter wurde von Marta Márquez mit grosser Bühnenpräsenz dargestellt, stimmlich hätte sie ruhig noch etwas aufdrehen können.
Jonathan Darlington leitete die hervorragend aufspielenden Duisburger Philharmoniker, holte all die wunderbaren impressionistischen Feinheiten aus der Partitur heraus, lotete die Leitmotive aufs Genaueste aus und erreichte auch musikalisch in der ohne Pause gespielten Oper ein Höchstmass der Gefühle.