Amsterdam, Concertgebouw: GAFFIGAN/THIBAUDET, 12.03.2011
Mussorgsky: Eine Nacht auf dem kahlen Berge
Ravel: Klavierkonzert fuer die linke Hand
Debussy: Nocturnes
Skrjabin: Poeme de l'extase
Kurzkritik:
Ein kluge Programmgestaltung zeichnete dieses Konzert de RADIO FILHARMONISCH ORKEST unter der Leitung des jungen Dirigenten James Gaffigan (GMD des LUZERNER SINFONIEORCHESTERS) aus. Er begab sich mit dem hervorragend spielenden Orchester auf die Spurensuche von Verbindungen zwischer russischer und franzoesischer Musik zwischen 1867 und 1932. Zu Beginn erklang eine atemberaubende Wiedergabe von Mussorgskys Orchesterfantasie EINE NACHT AUF DEM KAHLEN BERGE (welche allzu lange nur in der weichgespülten Fassung von Rimsky-Korsakow zur Aufführung gelangte, da man dem Autodidakt Mussorgsky nicht traute). Die ungeheure Kraft der ursprünglichen Version dieses Hexensabbats löste in dieser glutvollen Wiedergabe eine immense Faszinationskraft aus, verführerisch und verstörend zugleich. Dunkel und bedrohlich in den tiefen Bläsern begann das anschliessende Klavierkonzert Ravels, welches er für den Pianisten Paul Wittgenstein komponiert hatte, welcher seinen rechten Arm im ersten Weltkrieg verloren hatte. Jean-Yves Thibaudet spielte das schwierige Werk mit verblüffender Leichtigkeit, kraftvoll zupackend in den dramatischen, angsterfüllten Passagen und doch auch die poetischen, beinahe kindlichen Momente wunderbar auskostend. Kein Wunder berichteten Kritiker anlässlich der Uraufführung, dass man manchmal glaubt, zwei oder gar vier Hände zu hören. Stupend! Der Pianist erhielt zu Recht eine standing ovation.
Nach der Pause dann die NOCTURNES von Claude Debussy, des grossen Bewunderers Mussorgskys. Mit wunderbar verklärtem Streicherklang erklangen die Nuages, vielschichtig die Bläser lastigen Fêtes und geheimnisvoll die beiden vorangegangenen Welten verschmelzend die Sirènes. Hier wurde das Orchester von den wunderbar rein intonierenden Sängerinnen des Nationaal Jeugedkoors unterstützt. Den Abschuss bildete die fulminante Darbietung von Skrjabins 4. Sinfonie, dem POÈME DE L'EXTASE aus dem Jahr 1908, in welchem er Bezug nimmt auf die Revolution von 1905, eine Utopie des besseren Menschen beschwört. Gaffigan und das Orchester rissen mit der unglaublich differenziert dargebotenen und die reisserischen Effekte nicht scheuenden Wiedergabe die Zuhörer erneut von den Sitzen, dieser Musik kann und konnte sich niemand entziehen. Bravi!